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Elisabeth von Samsonow
Maria Magdalena Prozession
in Bonn am 21.September 2013 (Aequinoctium)
Im Rahmen der Ausstellung „EVO – Frauen in den Weltreligionen“,
Frauenmuseum Bonn, kuratiert von Marianne Pitzen


Auf einem Wägelchen wird die Statue der Maria Magdalena durch Bonn gefahren, begleitet von denen, die der  symbolischen und historischen Maria Magdalena Respekt zollen möchten. Maria Magdalena ist als Hure denunziert und um das Gewicht ihres Wortes gebracht worden. Während der Prozession werden von Elisabeth von Samsonow ausgewählte Stellen aus dem Evangelium der Maria Magdalena gelesen. Während der Prozession improvisieren die Leute in einfachem wildem Gesang. Die Staue der Magdalena hält ein Demo-Banner mit einem Zitat aus dem Evangelium in ihrer Hand: „Es gibt keine Sünde.“ Die
Demo-Prozession zieht durch die Altstadt Bonns zum Münster, subvertiert den öffentlichen Raum in einer ebenso spielerischen und karnevalesken Geste
wie durch eine protofeministische Provokation.

 

THE SECRETS OF MARY MAGDALENE /Jerusalem 2008
The Jerusalem Show 1.0 kuratiert von Jack Persekian

Elisabeth von Samsonow forscht mit künstlerischen Mitteln zum weiblichen Eigensinn, zur weiblichen Identitätskrise und zur Frage des weiblichen Heroismus. In Affirmation und gleichzeitiger Ironisierung der Position des Feminismus der achtziger Jahre, der, wie am Beispiel von Judy Chicagos Dinner Party ablesbar, die Vagina zum symbolischen und politischen Ort weiblicher Selbstdarstellung erhoben hatte, arbeitet sich Elisabeth von Samsonow an den vordergründigen Zuschreibungen an das weibliche Geschlecht ab, wobei sowohl die Aktualität der Gralsmythen nach Dan Browns Sakrileg als auch die pop-ikonische Dimension spiritueller Leitfiguren eine Rolle spielen. Die spezifische Räumlichkeit, die dem Weiblichen zugeordnet wird, erscheint in einer Reihe von plastischen und autobiographisch-dokumentarischen Übersetzungen als Skulptur, als Video und als Photographie. Die Recherche verläuft entlang des Gedächtnisfadens, der in Knoten angeordnet ist, entlang des labyrinthischen Ariadne-Fadens. Die große Lindenholzskulptur von Elisabeth Samsonow, Maria Magdalena, hält arabeskenartige Teppichklopfer aus farbigem Plastik in den beiden erhobenen Händen, ihr endloses Haar ist gleichfalls arabeskenartig arrangiert. Formal erinnert sie an eine zeitgenössische Fantasy-Heldin (vielleicht Filmen wie den Chroniken von Narnia), sie ist farbenfroh bemalt. Die Knoten, um die es in Haar und Teppichklopfer geht, repräsentieren als Zeichen das Nicht-Öffentliche und Häusliche, dessen Sphäre sie verlassen, um im öffentlichen Raum zu erscheinen. Der Knoten steht darüber hinaus, mit Jacques Lacans Worten, für das „Loch des Loches“, für ein dreidimensionales oder plastisches Set aus Löchern und Rändern, das wiederum symbolisch das Weibliche vertritt. In einer Gegenbewegung zu jenem vorschnellen Verständnis, das das Weibliche auf den Besitz der „Geburtsöffnung“ fixiert, wird die Verschiebung von Intimität zu „Extimität“, vom Realen zum Symbolischen, das das Weibliche hier erfährt, als (künstlerisches) Spiel verstanden, das durchaus auch in rätselhaften Stellvertretungen den Gewinn gelungener Identifikation ausschöpft. Wie dies ungefähr vor sich gehen könnte zeigt das Video einer Teppichklopferprozession entlang der Via Dolorosa in Jerusalem.

 

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THE SECRETS OF MARY MAGDALENE
installation view
Austrian Hospice Jerusalem, 2008
 
THE SECRETS OF MARY MAGDALENE
performance procession Jerusalem 2008